Werom das denn?

Wer im Internet schnell zahlen wollte hatte bisher die Auswahl zwischen Kreditkarte für Warenkäufe oder PayPal für Waren und Freunde – beides Dienste aus den USA. Nicht zuletzt wegen den von dort in letzter Zeit immer wieder eintreffenden Drohungen ist diese Abhängigkeit ein massives Risiko für den hiesigen Markt. Eigentlich müsste dringend eine europäische Alternative her, aber was bisher auf den Markt geworfen wurde, ist eher unausgegoren und technisch oft keine gute Idee.

Sofortüberweisung

Eines der ersten Alternativsysteme war der Dienst „Sofortüberweisung“, welcher in Deutschland gegründet wurde und aktuell zur Schwedischen Klarna-Bank gehört. Anders als der Name erwarten lässt, ist es keine direkte Überweisung, stattdessen muss man die Zugangsdaten für sein Bankkonto an den Dienstleister herausgeben. Eigentlich ein sicherheitstechnischer Albtraum, aber leider durch PSD2 erlaubt – selbst ein Gericht urteilte, dass Banken den Kunden nicht verbieten dürften ihre Zugangsdaten an Dritte weiterzugeben. Mit den Zugangsdaten gibt sich der Dienstleister als Kunde aus, loggt sich auf dem Bankkonto ein, lädt die letzten Kontobewegungen und offene Lastschriften herunter und wertet so aus, ob die Zahlung „wahrscheinlich“ funktionieren würde. Ist dem so wird die Überweisung beauftragt und dem Händler direkt bestätigt, dass die Transaktion erfolgreich war. Die Lösung ist mWn eine rein Deutsche Sache und beschränkt sich auf Zahlungen für Waren.

Giropay/iDEAL/…

Etwas besser machten es Systeme wie Paydirekt/Giropay (DE) oder iDEAL (NL). Statt seine Zugangsdaten an Dritte zu geben, wird man hier an seine Bank weitergeleitet. Diese führt die Zahlung aus und bestätigt dem Händler, dass das Geld raus ging. Der Händler bekommt das Geld erst Tage später. Auch hier konzentrierte man sich hauptsächlich auf den Kauf von Waren, mit Kwitt war es aber auch möglich Geld an andere Nutzende zu senden. Soweit mir bekannt aber nur per App, nicht über Webseite o.Ä.. Der große Nachteil: Es setzt nicht auf Stadards und funktioniert daher nur für teilnehmende Banken. iDEAL ist so in DE fast ausschließlich bei Direktbanken wie RaboDirect, bunq, N26, Triodos oder ING verfügbar. Giropay beschränkte sein Geschäft auf Deutschland und war hauptsächlich bei Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken, der Postbank und Commerzbank verfügbar, wurde jedoch zum Jahresende 2024 eingestellt.

Wero

Ein Europäischer Ansatz ist nun Wero – „We Euro“. Hier sollen Zahlungen an zwischen allen angemeldeten Nutzenden möglich sein. Warenkäufe sollen ab 2026 mit Käuferschutz folgen. Man platziert sich recht direkt als Alternative zu PayPal, jedoch hat Wero wichtige Unterschiede:

  • Senden ist nur über Handynummer oder E-Mail-Adresse möglich, nicht über einen separaten Benutzernamen
  • Es können nur Beträge bis 1000€ verwendet werden, je nach Bank sogar weniger
  • Es gibt eine Liste von Waren, welche mit Wero nicht bezahlt werden dürfen

Für einige Transaktionen ist der Dienst somit von vornherein nicht geeignet. Und für die anderen Fälle trifft man wieder auf ein altbekanntes Problem: Nur für teilnehmende Banken. Wenn sie denn mitmachen, so führte N26 z.B. Wero trotz Ankündigung teilzunehmen bisher gar nicht erst ein, Andere wie Comdirect stiegen gar komplett aus dem Projekt aus.

Hinzu kommt die Bedienbarkeit. Es gibt kein zentrales „Wero“, die Umsetzung ist den Banken überlassen. Dies führt zu einem Wildwuchs von Funktionen und Möglichkeiten. Einige Banken nutzen eine gemeinsame Wero-App. Versucht man diese mit anderen Banken zu nutzen wird man abgewiesen – man solle in der Banking-App schauen. Auch die Berechtigungen sehen unterschiedlich aus – während man teilweise die Handynummern oder E-Mail-Addressen manuell eintippen kann verlangen einige der Banking-Apps für die Nutzung von Wero einen Vollzugriff auf das Adressbuch des Gerätes und verweigern ohne den Dienst.

IMO

Wir brauchen eine europäische Alternative. Schnell. Einheitlich. Flächendeckend. Am Besten getrennt vom für Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit eher wenig bekannten Bankensumpf. Wero schafft das in der aktuellen Form nicht. Die technischen Möglichkeiten für „etwas sinnvolles“ sind in meinem Augen an vielen Stellen schon da. Echtzeitüberweisungen (SEPA instant payment) für das Versenden von Geld sind verfügbar und bei allen Banken ab nächstem Monat Pflicht. Anfordern ist noch etwas dünn, da Bankeinzug – wenn auch normiert – fast nur in Deutschland genutzt wird und selbst hier viele Shops diese bisher nicht in Echtzeit an die Banken senden. Der Ansatz ist da, bei der Verbreitung müsste man nacharbeiten. Nach meiner Auffassung sollte ein freies EU-PayPal wie folgt aussehen:

  • Jeder kann sich registrieren. Registrierte Nutzende können per App, Webseite und API ihre Transaktionen verwalten und Aktionen auslösen. So ist ein breiter Zugriff und Integration in Drittsoftware und Shops einfach möglich.
  • Der Login nutzt für 2FA freie Lösungen wie TOTP, U2F und/oder WebAuthN/Passkeys. Für das Bestätigen von Transaktionen müsste man sich ggf. noch etwas ausdenken, da mWn keine der verfügbaren Techniken eine Transaktionsbindung beherrscht. Dies sollte aber immer ein freies, quelloffenes Verfahren sein.
  • Es gibt im Konto übliche Funktionen wie das Blockieren von Kontakten.
  • Man kann seine Geldquelle über alle gängigen Methoden wie SEPA Instant Payment (mit virtueller IBAN), Debit- und Kreditkarten, Lastschrift & Co verknüpfen – unabhängig davon ob die Bank teilnimmt oder nicht. Durch die breite Unterstützung kann man das System auch nutzen, während rein Europäische Lösungen noch nicht in der Breite verfügbar sind.
  • Registrierte Nutzer können Geld senden oder anfordern. Als Gegenstelle kann Benutzername, E-Mail, Handynummer oder IBAN (nur senden) genutzt werden. Die Angabe von E-Mails und Handynummern ist dabei immer freiwillig und es lassen ich mehrere Einträge pro Konto verwalten. Ein Senden an EU-IBANs funktioniert auch, wenn die Gegenstelle nicht registriert ist. Zusätzlich kann man permanente oder temporär gültige Links zum Empfangen von Geld generieren, welche den Empfänger festlegen und Optional einen Betrag und Verwendungszweck enthalten.
  • Wird Geld gesendet, wird die Transaktion erst bestätigt, wenn das Geld erfolgreich eingetroffen ist bzw. die Gegenseite die Transaktion bestätigt hat.
  • Wird Geld angefordert, muss die Gegenstelle aktiv bestätigen. Man wird über mehrere wählbare Wege (App-Push, EMail, …) über die offene Transaktion informiert. Es gelten bei Annahme dieselben Anforderungen wie beim Senden.
  • Transaktionen sollten unabhängig vom Zweck für alle legalen Fälle möglich sein. Also z.B. kein generelles Verbot für Transaktionen für den Kauf von Computerspielen ab 18 o.Ä., wie es aktuell bei vielen bestehenden Systemen der Fall ist.

Im Prinzip wäre es in großen Teilen eine andere, zentrale Oberfläche für Funktionen, welche ohnehin schon da sind. Um Anderen Geld zu senden gibt es schon Echtzeitüberweisung – nur ist es umständlich IBAN und ggf. Beträge immer manuell auszutauschen und sich für jede Bank in eine neue UI einarbeiten zu müssen. Ich bin gespannt, ob es irgendwann tatsächlich eine Europäische Alternative geben wird. So lange nicht heißt es für mich wohl leider weiter PayPal-Links weitergeben und hoffen, denn IBAN, EMail oder Handynummern möchte ich nun wirklich keinem diktieren müssen um danach festzustellen, dass deren Bank ohnehin nicht teilnimmt.

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