War das nötig, #WikiLeaks ? Von Medienluftblasen und Netz-Meinungsfähnchen

Über WikiLeaks kann man viel streiten: Fehlende redaktionelle Kontrolle, Sicherheitsgefährdung und Sensationslust mobieren die Gegner, wichtige Stütze der Demokratie und Rächer der hintergangenen Mehrheit loben die Befürworter. Ich selbst zähle prinzipiell zu letzteren: Bereits vor den „Collateralmurder“ hatte Wikileaks viele mehr oder weniger geheime Dokumente veröffentlicht und so viele Abläufe nachvollziehbar gemacht. Auch mit den Veröffenlichungen der Irak- und  Afghanistan-Dokumente haben sie in meinen Augen einen wichtigen Beitrag geleistet: Es handelte sich um Informationen, welche die Bevölkerung direkt oder indirekt betreffen und nach meinem Verständnis großteils von den zuständigen Stellen hätten veröffentlicht werden sollen. Leider zeigten die Irak/Afghanistan-Leaks auch, dass WikiLeaks immer mehr in den Medienrummel geriet. Mit der letzen „Cablegate“-Veröffentlichung hat diese dann offenbar ein ungesundes Maß erreicht: Warum werden Dokumente, welche prinzipiell nichts neues sagen, keine Straftaten aufdecken oder anderweitig eine große Bedeutung haben so gehyped? Merkel „wenig kreativ“? Westerwelle mit „überschäumenden Persönlichkeit“? Was daran ist neu? Was so sensationstauglich? Ich habe den Eindruck, dass WL (oder doch die „überschäumende Persönlichkeit“ Assange) hier momentan etwas zu viel Medienrummel um etwas zu wenig Inhalt erzeugen. Mir wäre es jedenfalls deutlich lieber, wenn die Medien sich jetzt konstruktiv und investigativ (also selber und nicht nur abschreiben) mit den DNS-Abschaltungen, seltsamen Haftbefehlen und Kontensperrungen beschäftigen würden statt Dokumente zu zitieren, deren Inhalt im Endeffekt ohnehin jeder bereits kennt. Aber so werden wohl weiterhin traditionelle Medien die mehr oder weniger guten Früchte ernten und die Netzcommunity mit dem Hashtag #WikiLeaks schreiben alles solle ins Netz während unter #WettenDass die Zensur von Youtube-Videos gefordert wird – das Netz ist nun mal schnell, auch wenn es darum geht seine Meinung anzupassen…

4 Gedanken zu „War das nötig, #WikiLeaks ? Von Medienluftblasen und Netz-Meinungsfähnchen“

  1. Klar ist das partiell, vielleicht sogar größtenteils „nichts neues“. Die beschriebenen Einschätzungen unserer Regierung sind, im Verhältnis zu den übrigen Informationen in den Cables, auch nicht im Mindesten relevant. Allenfalls eine Randnotiz wert.

    Relevant ist aber, das es bis zu den Veröffentlichungen zu dem Vorgehen der US-Diplomate zwar haufenweise Vermutungen gab, aber keine Beweise. Was das Leaken der Cables so wertvoll macht, ist doch das die Öffentlichkeit erfährt in welcher Art und Weise EInfluss auf die Politik souveränder Staaten genommen wird. Wie hier in D z.B. im El Masri Fall versucht wurde die Entscheidungen der Bundesregierung zu beeinflussen bzw. in ähnlichen Fällen in Spanien.
    Das ist wichtig. Nicht wie irgendwelche Diplomaten Guido und Angela betiteln.

  2. Wow wow….
    Zunächst mal sind nur ein Bruchteil der Cables bisher veröffentlicht. Es kann also noch einiges kommen.

    Und besonders Dinge die China / Korea oder Saudi Arabien / Iran betreffen sind durchaus neu und von globaler, fundamentaler Bedeutung…

  3. OK, ich sehe schon: Die Aussage, dass nichts neues dabei sei ist so offenbar nicht korrekt und muss durch ein „bei den Dingen, über die bisher in den deutschen Medien berichtet wurde, war nicht viel neues dabei“ ersetzt werden. Die Kritik an der Veröffentlichungstaktik bleibt: Bei vorhergehenden großen Leaks gab es (meines Wissens) Aufhänger für die Presse und Material für die Nutzer. Die Aufhänger konnte jeder sehen, entsprechend musste die Presse – wenn sie mitmachen wollte – nach den WL-Vorschlägen berichten. Jetzt stehen die Dokumente eben großteils nicht online – die „wir veröffentlichen alles“-Platform veröffentlich ihr Material nur zögerlich und die Presse, die das gesamte Material bekommen hat, sucht sich nicht mehr die Punkte raus, die am meisten Weh tun, sonder krallt sich offenbar alles, was Quote ohne Risiko bringt…

  4. ja, in der deutschen presse (hauptsaechlich tv, den spiegel hab ich hier nicht) hab ich bisher auch nur enttäuschendes gelesen. ich finde dinge wie hillary setzt spione auf alle un vertreter an haetten es dirchaus in die tagesschau verdient 🙁

    wie die veroeffentlichung zb im guardian funktioniert bin ich nicht sicher, ob das genauso troepfelnd von statten geht wie auf der website, denn ich meine dort haette ich das mit den saudis und das mit der un auch gelesen.

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